Freitag, 13. März 2020 [prosaische betrachtung]

Es ist der Tag, an dem sich alles verändert, an dem mir erstmals richtig bewusst wird, wie ernst die Lage ist und wie ernst sie noch werden kann.

Es ist Abend und wir sind auf dem Weg in die Süd-vorstadt zur Aufführung „Ich, Judas – einer von euch wird mich verraten“, die in der Peterskirche stattfindet. Die Karten hatte Angelika bereits vor einigen Tagen gekauft. Den ganzen Tag schauten wir im Internet, ob auch diese Veranstaltung, wie viele andere in diesen Tagen, bereits abgesagt wurde. Vor der Kirche angekommen legt sich zum ersten Mal ein unmittelbares, merkwürdiges Gefühl auf unser Gemüt. Links und rechts des Eingangs zum Kirchenschiff stehen im Vorraum Tische, um sie herum Personen aus dem Ver-anstaltungsumfeld. Sie reichen uns Papiervordrucke mit der freundlichen, aber bestimmten Anweisung, unsere persönlichen Daten einzutragen – für den Fall, dass sich das, was uns in diesen Tagen so beschäftigt, an diesem Abend, an diesem Orte einschleicht. Mich überkommt ein Gefühl, das etwas mit Beklemmung zu tun hat, bemühe mich aber, jenem nicht zu viel Beachtung zu schenken.

An der Veranstaltung nehmen etwa 200 Besucher teil, die angesichts der Größe der Peterskirche jene nur zu einem kleinen Teil füllen, die aber dennoch, so auch wir, dicht zu anderen Gästen sitzen. Niemand denkt heute offensichtlich wirklich an das, was noch kommen, auf uns zukommen könnte.

 

 

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