Anderlenz [lyrische betrachtung]

abgezehrt

die große stadt ist alle

menschen weichen voreinander aus

gut so

keine begegnung

auch nicht mit worten

kein grüßen

enge blicke

gut so? frage ich mich ...

auf einer bank

spricht eine junge frau in ihr mobiles telefon

verabschiedet sich mit

... „bleib gesund“

 

ich frage mich, was das „bleib“ in ihren worten ist

oft vernahm ich diese zwei worte in den letzten tagen

und seitdem dürstet mich, immer und wieder

was es bedeutet ...

„bleib“ „gesund“

warum nicht „werde“

wo auf dieser erde

doch so vieles krankt

... „bleib gesund“

 

ich gehe weiter durch die leeren straßen

auf der suche

nach freundlicher, herzlicher mimik

eine geste, irgendetwas

das ... ‚gesund‘ ,geblieben‘ ist ...

 

in ferne und nähe läuten glocken

aus leeren kapellen

sie klingen wie ein gedenken

ein ermahnen

die schöpfung zu bewahren

mich dünkt und fürchtet

es wird weiter gehen

weitergehen

wie bisher

wenn all dies überstanden, alles vor und bei

... „bleib gesund“

 

und doch sehe ich so etwas wie zuversicht

in den augen der obdachlosen

leise begegnung

sachte

verrät mir ihr blick

es gibt sie

die hoffnung für alle

werde gesund

 

 

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