Nikolaikirchhof

nun stehe ich hier – noch – einmal, schaue auf das weißgerahmte bild, in dem sich reges

treiben bei blaugrau gedämpftem Licht widerspiegelt

 

wie viele stunden habe ich hier verbracht, in diesem raum

an dessen saum die erinnerungen kleben wie die gezeiten entfernter orte

genauso verloren

ebben, fluten, stürme, wetterleuchten

 

wie viel kraft, wie viel schaffen in diesen wänden

silbenlos blicke ich auf dieses bild – denke, nie wieder werde ich es so sehen, nie wieder

den klang der straße so vernehmen

 

ich spüre, es ist zeit zu gehen

die melancholie in ihrem gelbbraunen kleid legt ihre sanftzarte hand auf meine schulter

ich drehe mich um, berühre zögernd ihr rostrotes haar, lasse meine hand an ihrem

blassen arm hinuntergleiten, spreize meine finger in ihre

reizende wärme durchzuckt meinen korpus

 

ich führe den ersten schritt, schreite sacht durch den raum, passiere den kleinen flur, werfe einen letzten kurzen blick ins enthäutete nebengelass, drehe den kopf

nach vorn –

fünf schritte später ziehe ich die tür hinter mir zu, gleich einem vorhang

der, schlau genug,

just in diesem momente fällt

 

 

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